Das Leben wurde zu einer Art Raum, ein Zufluchtsort, den ich
mit relativer Sicherheit tapezierte, mit einer distan-
zierten Gelassenheit einrichtete und aus dessen weiten
Fenstern ich das Geschehen dieser anderen Zeit fra-
gend und empfänglich beobachtete.
Entstanden sind dadurch in dem ersten Part zwan-
zig Tageserlebnisse und -beobachtungen eines, dieses
Frühjahres 2020 in der Art eines Logbuchs, in pro-
saischer Form erzählt. Beginnend mit einem Abend,
bei dessen Erleben noch nicht voraussehbar war, dass
es für mich wie für Viele auf lange Sicht das letzte
größere Kulturereignis sein sollte ...
Der zweite Part sollte nach wie vor der Lyrik vorbe-
halten bleiben. Hier war es mein Anliegen, Vielfalt
in Form und Inhalt einzubringen, dabei auf jegliche
Chronologie zu verzichten und somit die Gedichte
frei schweben zu lassen. Natürlich widmen sie sich zu
einem Teil ebenfalls dem Beobachten des Zeitgesche-
hens dieses Frühjahres.
Da die vorliegenden Betrachtungen überwiegend
in einem kleinen Zeitraum des Jahres 2020 auf-
gezeichnet wurden und eben diesen reflektieren, ist
es auch eine Form eines Zeitzeugnisses. Mir ist be-
wusst, dass dieses, da nicht aus der Retrospektive
verfasst, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses
Buches, längst bereits wieder der sprichwörtliche
Schnee von gestern sein kann (bis zu einem gewissen
Maße wäre dies sogar wünschenswert), allein die
Geschichte bleibt ... Und – dies ist unser Leid und
Freud zugleich – Worte und Empfindungen vermag
auch eine schnelllebige Zeit wie die unsere nicht
auszulöschen.
Leipzig, 2020
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